Archiv 2005 - 2001

29.06.2003

Muslime zu Besuch in der Kirche

Pressemitteilung: Muslime zu Besuch in der Kirche. Gemeinde in Augustdorf lud ihre Nachbarn zum Tag der offenen Tür

- -
   
Pfarrerin Johanna Kunz im Gespräch mit Imam Bayram Oruz (rechts).

Nachdem die Moscheegemeinden regelmäßig Besucher einladen und ihnen den muslimischen Glauben erklären, entschloss man sich in Augustdorf, es einmal umgekehrt zu machen. Angeregt hatte dazu der landeskirchliche Arbeitskreis Islam.
Und so erläuterte Pfarrerin Kunz, nach einer Begrüßungsmusik von Hans-Walter Bent an der Orgel, wozu Kanzel, Abendmahlstisch und Taufstein dienen. Ihr Kollege Dietmar Leweke las einen Text aus dem Alten Testament vor, der für Christen wie für Muslime von Bedeutung ist: Die Geschichte von Abraham und seinem Sohn Isaak, die zeigt, dass Gott keine Menschenopfer will. Anhand der Taufe konnte Johanna Kunz verdeutlichen: „Gottes Gnade wird uns geschenkt. Gott ist da und sagt: Ich hab dich lieb.“
Anschließend kommt es in der Kirche und später bei Kaffee und Kuchen zu vielen Gesprächen. Für Ümmü Erden und Sultan Erdal waren die christlichen Grundbegriffe nicht gänzlich neu. Die Kinder der beiden türkischen Frauen haben den evangelischen Kindergarten besucht. Dadurch ist ihr vieles, was zur Kirche gehört, schon etwas vertraut. Für Osman Erden, der seit 13 Jahren in Deutschland lebt, ist am befremdlichsten, dass mit dem Abendmahlswein ein alkoholisches Getränk nicht nur erlaubt ist, sondern im christlichen Glauben sogar eine zentrale Rolle spielt: „Für Christen heilig, für uns Sünde.“
Sein Imam Bayram Oruz geht auf solche Unterschiede nicht ein. Seit einem halben Jahr ist der vom türkischen Religionsministerium für die rund 500 Mitglieder starke Augustdorfer Moscheegemeinde entsandte Geistliche in Deutschland. Eine Kirche hatte er hier bislang noch nicht betreten. Mit Hilfe eines Übersetzers erklärt er seine Freude über diese Möglichkeit des Austauschs. Sein Eindruck: Die Kirche strahlt etwas Ehrwürdiges aus, ein Zeichen einer großen Tradition, für die seit Generationen überlieferte Kraft des Glaubens, dem er mit Respekt begegnet.
Solcher Respekt ist auch für Ayse Özgül, die vor 20 Jahren in Detmold geboren wurde, selbstverständlich. Die junge Frau mit dem aparten Kopftuch findet, dass Christen und Muslime gemeinsam gegen das Unrecht auf der Welt arbeiten sollten. In Augustdorf jedenfalls sei die Nachbarschaft zwischen Kirche und Moschee sehr gut. Und Murat Erdal (27) meint, es wäre eigentlich verwunderlich, dass es ein solches Treffen wie heute nicht schon längst gegeben hat.

  • Twitter
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Windows Live