Archiv 2005 - 2001

23.11.2002

Verleih uns Frieden – auch im Gefängnis

Pressemitteilung: Buß- und Bettag: Konzert hinter Gittern

Machtvoll füllen die Stimmen der Marien-Kantorei Lemgo den nüchternen Raum mit den Basketballkörben an den Stirnseiten. Rund 40 Häftlinge sind zu diesem Konzert am Buß- und Bettag gekommen. Es nahm in der Reihe „Musik gegen Gewalt“ eine Sonderstellung ein. Im Zeichen der weltweiten Dekade zur Überwindung von Gewalt, die vom Weltkirchenrat für die Jahre 2001 bis 2010 ausgerufen wurde, veranstalten in diesem Herbst zahlreiche lippische Kirchengemeinden Konzerte.
Nun also im Gefängnis, einem Ort, an dem Gewalt eine mehrfache Rolle spielt – Gewalttäter sitzen hier ein, und auch der Alltag hinter Gittern dürfte nicht frei von Gewalt in verschiedener Form sein. Gefängnisseelsorgerin Beate Rola wies in ihrer Begrüßungsansprache aber darauf hin, dass jetzt kein Gegensatz aufgebaut werden dürfe zwischen den „Guten“, die als Mitwirkende oder Gäste von draußen gekommen waren, und den „Bösen“ im Gefängnis: „Gerade am Buß- und Bettag machen wir uns bewusst, dass wir alle Sünder und damit gleichermaßen auf Gottes Vergebung angewiesen sind.“
Unter den geladenen Gästen, die Direktor Friedrich Waldmann begrüßte, waren auch Landrat Friedel Heuwinkel und Detmolds Erster Stellvertretender Bürgermeister Johannes Heumann. Die alte Bitte um den Frieden, ebenso das Gebet um eine gute Obrigkeit „Gib unsern Fürsten“ und die Worte des 71. Psalms „Herr, auf dich traue ich, lass mich nimmermehr zu Schanden werden“ – diese drei Motetten von Heinrich Schütz eröffneten das Konzert. Höhepunkt war Bachs berühmte Motette „Jesu, meine Freude“. Die Kantorei sang, dirigiert von Rainer Johannes Homburg und von Christian Becker am Kontrabass begleitet, sauber akzentuiert, transparent und spannungsreich. Sie gestaltete makellos auch die subtilen Harmonien in Anton Bruckners „Christus factus est pro nobis“ und abschließend das von Heinz Werner Zimmermann vertonte, Franz von Assisi zugeschriebene Gebet „Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens“. Ungewohnt waren diese musikalischen und sprachlichen Formen für die Bewohner der Bielefelder Straße 78. Dass einige von ihnen ihrer Verlegenheit mit vernehmlichem Zwischenreden nachgaben, nahmen die Akteure ebenso gelassen wie die Tatsache, dass sich die Reihen der Häftlinge nach einer halben Stunde deutlich lichteten. Um so konzentrierter, leicht erstaunt, vielleicht etwas befremdet, aber doch berührt, hörten die Verbliebenen zu.

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