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15.10.2002

Muslime fragen – Christen antworten

Pressemitteilung: Muslime fragen – Christen antworten. Türkische Vorbeter informierten sich in Bösingfeld

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So viele islamische Geistliche konnte Pfarrer Gerald Busse (8. von links, mit grauem Jackett) noch nie in der Bösingfelder Kirche begrüßen.

Als Teilnehmer eines dreitägigen Seminars auf der Burg Sternberg zur Förderung der Integration von Migranten kamen sie mit dem Ziel, Näheres über den christlichen Glauben und die christlichen Kirchen zu erfahren. Die evangelischen Pastoren Gerald Busse und Dr. Werner Weinholt standen ebenso Rede und Antwort wie Gerhard Thöne, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates der katholischen Heilig-Geist-Gemeinde Bösingfeld.
Die Imame, für die Seminarteilnahme ausgewählt vom Religionsattaché des türkischen Generalkonsulats Essen, sind zum großen Teil erst vor kurzem vom türkischen Staat nach Deutschland entsandt worden, in der Regel für vier Jahre. Veranstalter des vom nordrhein-westfälischen Sozialministerium geförderten Seminars waren der Kreis Unna und das Multikulturelle Forum Lünen e.V. Der Sozialarbeiter Yusuf Yilmaz, seit zwölf Jahren im Kreis Lünen im Fachbereich Familie und Jugend beschäftigt, hatte die Bildungsveranstaltung gemeinsam mit seinem Landsmann und Kollegen Seydi Ünlübayir aus Lünen organisiert.
Mit Interesse ließen sich die muslimischen Geistlichen von Pfarrer Busse die Bösingfelder Kirche erklären, erfuhren von der Bedeutung des Kreuzes und der Funktion der Kanzel, betrachteten den altehrwürdigen Opferstock und die aufgeschlagene Bibel auf dem Abendmahlstisch. Dabei kam das Gespräch schnell auf theologische Fragen. Bei Kaffee und Tee wurde im Gemeindehaus weiter über Taufe und Abendmahl gesprochen, über das Bekenntnis zu Vater, Sohn und Heiligem Geist und auch darüber, dass nach evangelischem Verständnis alle Gläubigen priesterliche Aufgaben wahrnehmen können. Es ging aber auch um Fragen des Zusammenlebens: Welche Erwartungen haben die Christen an ihre muslimischen Nachbarn? Wie sieht es mit Toleranz und gegenseitigem Respekt aus? Die Antwort der Gastgeber: Es sei selbstverständlich, die andere Religion zu achten. Oft mangelt es beiden Seiten an Wissen über den fremden Glauben – deshalb hätten gegenseitige Besuche, Tage der offenen Tür und Austausch große Bedeutung. Aufmerksam hörten die türkischen Vorbeter, dass der Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche den Moscheegemeinden in der Region regelmäßig zum Ende des Fastenmonats Grüße schickt. Bei aller guten Nachbarschaft seien aber auch die Unterschiede nicht zu verwischen, sondern auszuhalten. Beispiel: Für den Islam ist Jesus ein Prophet – für Christen ist er Gottes Sohn, der Erlöser, der mit seinem Tod am Kreuz die menschliche Schuld auf sich genommen hat.
Entschließt sich ein Christ, den islamischen Glauben anzunehmen, dann werde dies von der Kirche als Entscheidung seines Gewissens akzeptiert, sagten die christlichen Gesprächspartner auf die entsprechende Frage. Sie stellten hier aber auch die Gegenfrage, wie es denn im umgekehrten Fall sei. Religionsattaché Sinasi Öztürk antwortete entsprechend – wenn die Entscheidung gut überlegt sei und auf ausreichenden Informationen beruhe, dann sei das zu respektieren. Er räumte aber ein, dass viele Muslime diese Haltung als „zu lasch“ empfänden. Am Rande des Gesprächs war zu erfahren, dass der türkische Staat derzeit bemüht sei, im Blick auf Europa möglichst liberal zu wirken.

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