Archiv 2005 - 2001

29.09.2002

Helfen statt verurteilen, aufklären statt verdrängen

Pressemitteilung: Aids als Thema des Ökumene- und Missionsfestes der Lippischen Landeskirche

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„Gehört dieses Thema auf ein Missionsfest?“ fragte Landessuperintendent Gerrit Noltensmeier. Ja, so seine Antwort – denn auf die Tagesordnung der Feste des Glaubens gehöre auch das Dunkle, das Leiden. Medizinische Hilfe und liebende Zuwendung seien gerade bei Aids das einzig Angemessene – nicht etwa die Frage nach Schuld und Moral.
Dass dies in der Praxis oft genug anders ist, hatte eingangs Hanns Lessing von der Vereinten Evangelischen Mission (Wuppertal) geschildert. Viele Aids-Patienten seien sehr einsam. Dabei „ist das Ansteckungsrisiko so gering, dass man es fast vernachlässigen kann.“ Persönliche Zuwendung wirkt sich nach Lessings Überzeugung positiv auf den Krankheitsverlauf aus: „Anteilnahme kann Leben verlängern.“ Doch auch in Deutschland sei der Umgang mit der Krankheit geprägt von Verdrängung, Berührungsangst und verdeckten Vorwürfen: „Wenn jemand Aids hat, fragt man nicht: Wie geht’s?, sondern sagt meistens gar nichts.“ Dahinter stecke die unausgesprochene Frage nach dem Grund der Ansteckung. „In vielen Köpfen herrscht die Meinung: Normale Menschen können sich nicht anstecken. Also sind Aids-Kranke nicht normal.“ Hier sieht Lessing auch einen Grund, warum das epidemische Ausmaß der Krankheit in Afrika hierzulande kaum jemanden interessiert. Rund 40 Millionen Menschen sind weltweit mit dem HIV-Virus infiziert oder an Aids erkrankt. Die Behandlung eines solchen Patienten in Afrika kostet monatlich nach Lessings Angaben zwischen 35 und 45 Euro. Nach Berechnungen der UNO würden die weltweiten Kosten sieben bis zehn Milliarden Euro im Jahr betragen. Das sei etwa die Schadenssumme des Elbhochwassers.
In Ghana war es noch bis vor kurzem eine Schande für die Familie, wenn jemand an Aids erkrankte. Dass hier ein Umdenkprozess eingesetzt hat, ist ein Erfolg kirchlicher Aufklärungsarbeit, wie Pfarrer Dzunu Edem von der Evangelisch-Presbyterianischen Kirche Ghana berichtete. In seiner Heimat gebe es 72.000 Infektionen pro Jahr.
So groß ist die Zahl in Hongkong noch nicht, erzählte Dorothea Flake, die dort als Missionarin der Evangelischen chinesischen Kirche arbeitet, aber: „China ist eine Zeitbombe.“ Die hygienischen Verhältnisse sind schlecht, Drogenkonsum und Prostitution nehmen zu, und zahlreiche Pendler aus China schleppen das tödliche Virus nach Hongkong.
In Ostasien ist die Krankheit ebenso ein Tabu wie im europäischen Russland. Das schilderte Diana Auwärter von dem evangelischen Hilfswerk „Hoffnung für Osteuropa“. Am Beispiel von St. Petersburg und Minsk beschrieb sie die Arbeit eines Rehabilitationszentrums für Drogenabhängige. 80 Prozent der Aids-Kranken hätten sich über unsaubere Injektionsnadeln angesteckt.
Dass man mit der Diagnose „HIV positiv“ auch leben und arbeiten kann, beschrieb Olaf Plappert von der Aidshilfe Bielefeld, der seit 14 Jahren infiziert ist, an seinem eigenen Beispiel.
Hundert Kinder und Jugendliche hatten in der Grundschule West unterdessen ihr eigenes Programm. Die landeskirchliche Zentrale für evangelische Jugendarbeit bot in Kooperation mit den Kirchengemeinden Bega, Hillentrup und Spork-Wendlinghausen vielfältige Möglichkeiten, sich dem Thema anzunähern: Musik, Tanz, Aids im Internet, afrikanische Kinderspiele, ein Aids-Parcours. Kostproben davon wurden zum Abschluss in der Halle dargeboten.
Die Kollekte, eingesammelt auf afrikanische Art mit kräftiger Unterstützung der Stimmen und Trommeln der Agudze Musical Group aus Ghana, ergab 748 Euro. Die Hälfte davon erhält die Aidshilfe Lippe, die andere Hälfte kommt einem Aids-Aufklärungsprojekt in Namibia zugute.

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